“This is the largest new buisiness opportunity in the history of the world“ kommentiert Tom Friedman von der New York Times (1). 52 Millionen neue Jobs weltweit (2), Investitionen steigen von aktuell 300 Milliarden auf geschätzte 1.500 Milliarden Dollar im Jahr (1), diese Superlative erwartet Wall Street in den nächsten Jahren. Nach Bloomberg New Energy Finance, sind sie mittlerweile günstiger als alle anderen: Erneuerbare Energien! Die Welt investiert seit 2015 massiv in Günstige Erneuerbare Energien, vor allem in günstige Windkraft; und Solar.
Als 2015 in Paris der Weltklimavertrag von 196 Staaten beschlossen wurde, hat wohl niemand damit gerechnet, dass Klimaschutz funktioniert. Zumindest nicht in Deutschland. Die Kosten. Kein Politiker der Welt will am Ende für Klimaschutz bezahlen - aber weit gefehlt:
Die Welt dreht sich weiter. Stellen wir uns auch nur für einen Moment einmal vor, dass die Länder der Welt bis 2050 tatsächlich in 100% Erneuerbare investieren würden, das Ziel von Paris, eben weil sie jetzt günstiger sind, die Erneuerbaren! Neue Kohlekraftwerke kosten in China 7, in Europa 10 cents laut Bloomberg (3). Und ein Blick auf die Welt-Solarkarte zeigt, dass selbst im blauen Bereich, in Deutschland, Solaranlagen mittlerweile für 5,6 cents sauberen Strom produzieren (4), Windkraft ist noch günstiger. Und China und Indien sind in der Weltsolarkarte nicht blau, sondern gelb und orange, etwa doppelt soviel Sonne, heisst halbe Kosten – 3 cents: Extremely cheap renewables!
Paradigmenwechsel – günstige Erneuerbare
Ein Paradigmenwechsel, und das ist wichtig: Es geht nicht mehr um die „Kosten“ für den Klimaschutz, sondern es geht jetzt um Investitionen, und die rechnen sich! Und zwar schon verdammt gut. Und genau deshalb wird seit 2015 weltweit mehr in günstige Erneuerbare investiert, als in die alten dreckigen (5). Und genau deshalb spricht Tom Friedman von der „largest new business opportunity, in the history of the world!“ Wall Street geht voran, „this is the biggest new business opportunity - of all times“, heisst es.
Und Deutschland? Jetzt wo Erneuerbare günstiger sind, werden sie ausgerechnet in Deutschland von der alten Bundesregierung gedeckelt und ausgebremst! Ein folgenschwerer Anachronismus.
Was ist passiert?
Ausschreibungen statt EEG - Oligopolbildung
Die Umstellung der Hightech Windbranche auf Deckelung und Ausschreibungen, hat genau das bewirkt, was in anderen Ländern auch passiert ist. Einige wenige große Akteure – vielleicht 8 - erhalten die wenigen Zuschläge und 99% der 800 meist kleineren Planer vor Ort gehen leer aus. Es gibt für sie kein Business Modell mehr, die Akteursvielfalt sinkt dramatisch! Keine Chance mehr, gegen die wenigen Großen - ein Oligopol entsteht. Und mit den Planern vor Ort verschwindet auch die so wichtige Akzeptanz der Windräder vor Ort.
Deutschlands führender Windkrafthersteller Enercon mit über 40% Marktanteil letztes Jahr, Nummer 4 in der Welt, hat in den Ausschreibungen gewonnen, allerdings nur 1%. In Worten, EIN (!) Prozent. Enercon alleine hat 10.000 Arbeitsplätze im strukturschwachen Aurich und Magdeburg.
Aber der Kollateralschaden für den Export ist noch viel, viel grösser:
Die Exportnation Deutschland, in der bisher hunderte von kleinen Planungsbüros die Energiewende vorantreiben und in Deutschland immer wieder 1-2 Windräder im Jahr realisieren, mittlerweile günstiger, als die Konventionellen. Diese Planer planen nebenbei weltweit tausende von Großprojekten. So hat beispielsweise ein Planer mit 20 Mitarbeitern aus Mülheim an der Ruhr 43 Windräder für ein Großprojekt in North Dakota in den USA bestellt. Nach vielen Jahren der Planung so nebenbei ein 100 Millionen Auftrag für Windkraft-Hersteller Nordex! Und was diese hunderte kleiner Planungsbüros weltweit schaffen – das sind sie, die künftigen Milliardenaufträge für den Export!
Durch die verheerende Umstellung auf Ausschreibungen in Deutschland, durch diese Oligopolbildung, sinkt genau diese Akteursvielfalt jetzt drastisch. Tödlich für den Export, hunderte von Planern entlassen ihre Mitarbeiter und stellen internationale Großprojekte ein. Für die Windbranche, aktuell Weltmarktführer, ein schwerer Schlag – Milliarden für den Export? Schnee von gestern.
Und um es nochmals anschaulich zu zeigen: Unser 20-Mitarbeiter-Planer aus Mülheim an der Ruhr plante im Ausland bisher 7 Großprojekte, 2 Gigawatt Leistung. Das sind in den nächsten 10 Jahren Exportaufträge in Höhe von 4 Milliarden Euro! – Aus und vorbei.
Die Welt investiert – Deutschland deckelt und bremst
Also nochmal in Zeitlupe, die Welt investiert massiv in günstige Erneuerbare. Wall Street jubelt über die „biggest new buisiness opportunity - in the history of the world“, 52 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen, das Weltmarktvolumen soll von 300 Milliarden auf 1.500 Milliarden Dollar im Jahr ansteigen.
Und Deutschland ist bestens positioniert, ist seit 20 Jahren Weltmarktführer in der Hightech Windbranche. Die Energiewende hat hunderte von Planern hervorgebracht, die „nebenbei“ tausende von Großprojekten in der Welt planen, Milliardenaufträge für den Export.
Und was macht dieses Deutschland? Eine Umstellung von EEG auf Ausschreibungen, die Windbranche gedeckelt und ausgebremst!
Und das ist der Kollateralschaden:
Weltmarktführer dank Innovationsgesetz EEG
China versucht seit 20 Jahren deutsche Windkraftanlagen Hersteller zu kopieren und einzuholen, bisher vergeblich. Offensichtlich sind Windkraftanlagen made in Germany dank des bisherigen degressiven Einspeisegesetzes EEG immer wieder besser und innovativer geworden. Das hat 20 Jahre lang funktioniert, und auch nur in Deutschland, eben wegen des Innovationsgesetztes EEG: Jedes Jahr 1-2% EEG Degression, also real mit Inflation 4-5% Vergütung weniger für Windräder. Damit MUSSTEN deutsche Hersteller alle 2-3 Jahre ein neues, 20% besseres Windrad auf den Markt bringen. Und das haben sie auch! Das Ergebnis ist beeindruckend: 1990 hat ein 15kW Windrad im Jahr sauberen Strom für 5 Höfe produziert. Heute produziert ein modernes Hightech Windrad dieselbe Menge Strom - an einem (1!!) Tag: Innovationsfaktor 365!
Made in Germany. Excellent innovativ, dieses Innovationsgesetz, Degressives EEG!
Deutschland, der Weltmarktführer stürzt ab
Und was machen deutsche Hersteller jetzt, wo der wichtige heimische Markt wegbricht, samt Export? Sie konsolidieren, entlassen Mitarbeiter; und werden sie sich innovative Neuentwicklungen noch leisten können? Insbesondere wenn die Export-Großaufträge der vielen hundert Planer wegbrechen? So könnte es kommen: Der Weltmarktführer stürtzt ab.
1 Millionen Arbeitsplätze – Erneuerbare grösser als die Automobilbranche!
Dabei geht es auch um Arbeitsplätze. Heute arbeiten bereits 330.000 Menschen in Erneuerbaren Energien. Laut einer jüngsten Studie der Stanford University aus den USA werden weltweit 52 Millionen neue Arbeitsplätze durch Erneuerbare Energien entstehen. Es ist wirklich nicht undenkbar, dass davon 1 Millionen in Deutschland sein könnten, gerade jetzt, wo Erneuerbare günstiger sind und wo wir technologisch führend sind und hunderte Planer nebenbei tausende von Großprojekten in der Welt planen: Grösser als die Automobilbranche!
Das ist die Perspektive für Erneuerbare, im Jahrhundert von Paris!
Oligopol und Absturz verhindern: de minimis-EEG für kleine Projekte!
Was ist zu tun?
Die neue Bundesregierung kann die dramatischen Fehler der alten Bundesregierung schnellstens korregieren. Wir müssen unbedingt die Akteursvielfalt erhalten in Deutschland mit Ihren tausenden von Auslandsplanungen, für die Mega-Exportaufträge der Zukunft. Also die Ausschreibungen mit ihrer Oligopolbildung abschaffen; oder zumindest für kleinere Projekte mit 1-6 Windrädern das degressive Einspeisegesetz EEG wieder anwenden und so die Akteursvielfalt erhalten, den Weltmarktführer stützen. Diese sogenannte de minimis-Regelung für kleine Projekte, diese Bagatellgrenze, ist von der europäischen Wettbewerbs-Kommission bereits genehmigt.
Kritisch ist das Erhalten der Akteursvielfalt:
Nur so kann der Absturz des Weltmarktführers noch abgefangen werden.
Nur so können wir die riesigen Export-Chancen des Jahrhunderts wahrnehmen.
Nur so können 1 Millionen Arbeitsplätze in Erneuerbaren Energien in Deutschland entstehen.
Nur so können wir langfristig den Standort Deutschland erhalten, mit niedrigen Strompreisen dank der jetzt günstigen Erneuerbaren, und künftig wird es noch besser, mit Grenzkosten gegen Null!
Zusammenfassung: Bisher ist Deutschland Hightech Weltmarktführer in der Windkraft, und wir haben eine weltweit einmalige Akteursvielfalt mit hunderten Planern die in Deutschland jedes Jahr 1-2 Windräder realisieren und nur „nebenbei“ tausende von Großprojekten im Ausland planen – in den nächsten Jahren Hunderte von Milliarden für den Export. Durch die Umstellung des EEGs auf Ausschreibungen haben nur noch einige wenige große Akteure Zuschläge erhalten, 99% der Akteure haben KEINEN Zuschlag erhalten und können keine Windräder in Deutschland mehr bauen, es gibt kein Business-Modell mehr. Es passiert genau das, was in allen anderen Ländern der Welt durch Ausschreibungen auch passiert ist, die Akteursvielfalt sinkt drastisch, es entsteht durch Ausschreibungen ein Oligopol weniger Großer. Die Windbranche, Weltmarktführer Deutschland, stürzt ab.
Dabei ist der Erhalt der Akteursvielfalt ganz einfach:
Forderung: Anwendung des degressiven EEGs für kleine Projekte, 1-6 Windräder (de-minimis Regelung/Bagatellgrenze). Ausschreibungen nur für Großprojekte.
Liebe neue Bundesregierung,
es gibt jetzt 2 Varianten für die Geschichtsbücher:
„während Wall Street hunderte von Milliarden in Erneuerbare Energien investierte, wurde diese Chance in Deutschland verpasst. Die alte Bundesregierung hatte aufgrund der Lobbyisten einen schweren Fehler begangen. Die Windkraft wurde durch die Umstellung auf Ausschreibungen gedeckelt und ausgebremst. Durch den darauf folgenden drastischen Wegfall der Akteursvielfalt, entstand ein Oligopol weniger Großer, der Export brach daraufhin ein. Der Weltmarktführer Windkraft made in Germany stürzte ab. Die strauchelnden deutschen Hersteller wurden von China übernommen und die Produktionsstätten geschlossen. Heute kommt Windkraft aus China.“
In den Geschichtsbüchern kann aber auch folgender, mutiger Text stehen:
„als klar wurde, dass der komplette Verlust der Akteursvielfalt Hunderte von Milliarden Euro Exportschäden verursachen wird, hat die 2017 neu gewählte Bundesregierung das für den Export tödliche Ausschreibungsmodell wieder abgeschafft, und das seit 20 Jahren so erfolgreiche degressive EEG für kleinere Projekte von 1-6 Windrädern wieder angewendet, eine de minimis-Regelung im EEG. Als Folge daraus haben Hunderte von deutschen Planern weiterhin Tausende von Großprojekten in der Welt geplant, die mit deutschen Hightech Windrädern bestückt wurden und dem deutschen Export Hunderte von Milliarden Umsatz gebracht haben. Wertschöpfung und Wohlstand durch Windkraft. Von den 52 Millionen neuen Arbeitsplätzen in der Welt sind über 1 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland entstanden. Deutschland hat die Chance des Jahrhunderts wahrgenommen. Der Schlüssel zum Erfolg war ein Innovationsgesetz, das degressive EEG, das für Jahrzehnte Innovationstreiber für den Weltmarktführer Windkraft war. Wir haben eine einmalige, riesige Chance genutzt, wir sind die Vorreiter der günstigen Energiewende 2.0 weltweit. Das Jahrhundert von Paris.“
Dr. Ingo Stuckmann, Zero Emission Think Tank
Referenzen
- 1. „Paris COP21: Energy for Tomorrow“ Konferenz 2015, organisiert von der New York Times.
- 2. Stanford Studie „100% in 139 Countries“ 52 Million jobs in Renewables
- 3. Part 4 – Self Seller for Paris: „Extremely cheap renewables“!
Paris umsetzen – her mit der Kohle!
4. Cheap Solar beats Coal - in China!
5. Global trends in renewable energy investment. Frankfurt School and Bloomberg.
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